Viele Therapeuten behaupten von sich, dass sie ganzheitlich arbeiten. Damit meinen sie, dass sie alle Lebensbereiche in die Therapie mit einbeziehen, also Beziehung, Berufsleben, Familie... Das
ist soweit ein guter Ansatz, schließlich beeinflussen sich alle diese Bereiche gegenseitig. Probleme auf der Arbeit können die Beziehung belasten, wodurch dann irgendwann die ganze Familie
leidet, oder umgekehrt und andersrum. Was mir jedoch häufig in der Therapie gefehlt hat, war der körperliche Bereich. Auch dieser wird zwar häufig erwähnt, kommt aber in der konkreten
Aufarbeitung dennoch zu kurz. Da bemüht man sich, ein annähernd vollständiges Bild seiner Leiden zu übermitteln, und bekommt am Ende doch nur einen Kalenderspruch zu hören. "Wenn du denkst, es
geht nicht mehr..." Ja, ja, kommt von irgendwo ein Strick daher.
Für mich bedeutet Ganzheitlichkeit die Betrachtung folgender Ebenen:
Seele: Was habe ich erlebt? Wie geht es mir damit? Was tut mir gut?
Geist: Welche Glaubenssätze habe ich über mich und die Welt? Fehlen mir Informationen über meine Krankheit oder über meine Möglichkeiten, mein Leben zu gestalten?
Körper: Welche Beschwerden belasten mich? Wie sieht mein Blutbild aus? Brauche ich Vitamin B12 oder D3? Wie ernähre ich mich?
Optional gäbe es noch die Ebene der Spiritualität: Woran glaube ich? Stecke ich in einer Glaubenskrise? Unterstützt mich mein Glaube, oder engt er mich ein? Wie und was praktiziere ich?
Nicht nur die verschiedenen Lebensbereiche beeinflussen einander, sondern auch Körper, Geist und Seele. Das ist nun keine bahnbrechende Neuigkeit, aber in der Therapie habe ich häufig erlebt,
dass dieser Zusammenhang zwar bejaht und trotzdem nicht in aller Konsequenz berücksichtigt wird. Als ich einem Therapeuten von meiner ständigen Erschöpfung erzählte, fühlte er nach der
Traditionellen Chinesischen Medizin meinen Puls und sagte: "Dein Tank ist komplett leer. Du musst dir Energie über gute Lebensmittel zuführen. Was isst du so den Tag über?" Da wurde schnell
deutlich, dass ich nicht nur zu wenig, sondern auch die falschen Dinge esse. Mein Therapeut nannte das "Hitzefahren", also ohne Treibstoff auf Vollgas drücken. "Ersetze den Kaffee mal durch
Hühnerbrühe." Ich war ihm sehr dankbar für die eher praktische statt psychotherapeutische Antwort. Er meinte grinsend: "Wenn ich gesagt hätte 'Tanz mal deine Erschöpfung!', hätte dir das wohl
kaum geholfen."
Um beim Beispiel der Erschöpfung zu bleiben, sind es natürlich auch negative Glaubenssätze, die einem die Energie rauben. Diese gilt es umzuwandeln, z.B. durch Affirmationen. Das sind positive
Sätze, die man wie ein Mantra wiederholen kann - besonders in schwierigen Situationen. Zu diesem Thema kann ich das Buch "Gesundheit für Körper & Seele" von Louise L. Hay empfehlen. Darin
geht es um psychosomatische Zusammenhänge und die Auflösungen negativer Gedanken. Affirmationen programmieren die Glaubenssätze um. Anfangs mag man auf diese Idee mit einem müden Lächeln
reagieren. Es braucht Zeit, aber es funktioniert. Seit ein paar Wochen rücke ich meiner Existenzangst mit folgender Affirmation zu Leibe: "Ich entspanne mich in den Strom des Lebens und lasse das
Leben leicht und bequem für alles sorgen, was ich brauche." So habe ich die letzte Vertrauensarztvisite vor 2 Wochen ohne Panikattacke überstanden und konnte kraftvoll für mich und meine
Bedürfnisse einstehen. Das war das erste Mal, dass ich mich nicht als abhängiges Opfer gefühlt habe in dieser Situation.
Auf der Seelenebene kann man dem Ursprung negativer Glaubenssätze auf den Grund gehen und somit Gefühlen wie Wut und Trauer Raum geben und Ausdruck verleihen. Verdeckte Wunden werden freigelegt,
versorgt und geheilt. Man fühlt sich befreit und hat wieder Zugang zu seiner Energie. Auf spiritueller Ebene gäbe es die Möglichkeit, Rituale durchzuführen (Reinigung, Erdung...) oder mittels
Meditation zur Ruhe zu kommen, um darin Kraft zu schöpfen.
Ganzheitlichkeit in der Therapie habe ich erst richtig verstanden, seit ich meine aktuelle Therapeutin aufsuche. Die Kur mit mikrobakteriellen Kulturen für den Darm hat bei mir erst eine Zufuhr
von fehlenden Vitalstoffen möglich gemacht. Durch Stress, Medikamente und nicht optimaler Ernährung war mein Darm so kaputt, dass er gar nichts mehr aufnehmen konnte. Alle meine Versuche, meinem
Körper Energie zuzuführen, blieben ohne Effekt. Auf dieser Ebene bestand dringender Handlungsbedarf. Familienaufstellungen und Traumaarbeit sind natürlich wichtig und äußerst hilfreich. Sie haben
auch Wirkung auf den Körper. Aber der lebt eben nicht nur von Gefühlen und Gedanken.
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